„Intervallfasten ist für Frauen gefährlich.”
Vielleicht ist dir diese oder eine ähnliche Aussage schon einmal begegnet. Intermittierendes Fasten ist in den letzten Jahren sehr populär geworden. Das verdankt es nicht zuletzt seiner gesundheitlichen Vorteile. Dennoch gibt es viele Mythen und Bedenken. So oft wird behauptet, dass Intervallfasten für Frauen nicht geeignet sei. Es soll den weiblichen Hormonhaushalt negativ beeinflussen. Doch wieviel Wahrheit steckt dahinter? Nachfolgend beleuchten wir die verschiedenen Aspekte des Intervallfastens für Frauen. Lass uns gemeinsam herausfinden, ob es wirklich für uns Frauen gefährlich ist oder nicht.
Evolutionäre Perspektive: Fasten als natürlicher Zustand
Intermittierendes Fasten bzw. Intervallfasten ist keine moderne Erfindung. Es ist vielmehr ein natürlicher Zustand. Unsere Vorfahren durchlebten ihn regelmäßig. In der Steinzeit gab es keine konstanten Nahrungsquellen – geschweige denn ein solches Überangebot wie heutzutage. Bedeutet: Sowohl Männer als auch Frauen mussten mit Perioden der Nahrungskarenz zurechtkommen. Diese evolutionäre Anpassung zeigt, dass unser menschliches Genom mit Fasten vertraut ist. Wäre das nicht der Fall, wären wir ausgestorben. Doch woher stammt diese Aussage, dass Intervallfasten für Frauen gefährlich sei?
Studienlage: Intervallfasten für Frauen gefährlich vs. gesund
Dazu betrachten wir den aktuellen Stand der Forschung ein wenig genauer. Langzeitstudien speziell an Frauen mit ausreichend großer Teilnehmerzahl fehlen aktuell. Bisherige Daten deuten darauf hin, dass sich intermittierendes Fasten positiv auf die Gesundheit auswirkt. Allerdings kamen auch nachteilige Effekte zum Vorschein.
Tierstudie: Stürzt Intervallfasten Hormone ins Chaos?
Hier stoßen wir auf eine häufig zitierte indische Studie aus dem Jahr 2013. Diese wurde an Ratten durchgeführt und sorgte bei vielen Frauen für Verunsicherung.
Es wurde nachgewissen, dass längeres Fasten bei weiblichen Ratten zu hormonellen Dysbalancen und dem Ausbleiben der Periode führte.
Beachte jedoch, dass tierexperimentelle Untersuchungen nur bedingt auf den Menschen übertragbar sind. Schließlich gibt es zwischen Ratten und Menschen nicht unerhebliche physiologische Unterschiede. Beispielsweise besitzen Ratten eine viel kürzere Lebensspanne als wir Menschen. Ein Fastentag für die Nager entspricht etwa einer Woche für uns. Wir können derartige Studien daher nicht 1:1 auf den Menschen anwenden.
Intervallfasten: Ergebnisse aus Humanstudien zeigen viele Vorteile
Wesentlich aussagekräftiger hingegen sind Humanstudien. Die Charité in Berlin führt fortwährend Untersuchungen zu den physiologischen Auswirkungen des Fastens durch – sowohl mit Männern als auch mit Frauen. Sie belegen immer wieder, dass beide Geschlechter gleichermaßen vom Intervallfasten profitieren. Weitere Humanstudien weltweit zeigen, dass Intervallfasten positive Effekte auf verschiedene Zivilisationskrankheiten entfaltet.
Welche Vorteile hat Intervallfasten?
Zu diesem Thema wird fleißig geforscht. Humanstudien weltweit zeigen, dass intermittierendes Fasten positive Effekte auf verschiedene Zivilisationskrankheiten entfaltet.
- Laut einer kurz angelegten Studie aus 2015 kann Intervallfasten Blutfette, Körpergewicht, Körperfett, Insulinsensitivität und Entzündungsparameter positiv beeinflussen.
- Eine Studie zeigte, dass Nahrungskarenz den Glucosestoffwechsel verbessert und sogar die Entstehung einer Fettleber verhindern kann.
- 2017 wurde im JAMA eine Studie publiziert, bei der Intervallfasten das Gewicht bei Adipositas reduzieren konnte. Die Ergebnisse waren vergleichbar mit einer kalorienreduzierten Kost.
- Eine relativ aktuelle Studie aus 2021 zeigt, dass intermittierendes Fasten sogar eine Therapieoption bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein könnte.
- Menschen mit metabolischem Syndrom profitieren ebenfalls. Werden zu Beginn einer Ernährungsumstellung Nahrungspausen integriert, lässt sich der Blutdruck stärker senken – so das Resultat dieser Studie.
Intervallfasten und Hormone: Eine sensible Balance
Weibliche Hormone verhalten sich während der Fastenperioden anders als männliche. Estrogen und Progesteron reagieren sensibler auf Veränderungen in Ernährung und Umwelt. Diese Reaktionen sind ebenfalls evolutionär bedingt.
Weibliche Hormone und Fasten: Viele Missverständnisse
Aus evolutionärer Sicht erfüllt der weibliche Körper eine wichtige Schlüsselfunktion – nämlich die Fortpflanzung. Diese zu erhalten hat für ihn oberste Priorität. Stress – sowohl auf körperlicher als auch auf mentaler Ebene beeinflusst den Hormonhaushalt negativ und kann im schlimmsten Fall zu Unfruchtbarkeit führen. Bedeutet im Umkehrschluss: Wir müssen alles vermeiden, was das Zeugen der Nachkommen gefährdet. Dazu gehören Faktoren wie zu wenig Schlaf, chronische Entzündungen oder Überanstrengung. Auch häufige Infektionen sind ein Stressfaktor für den Körper. Der absolute Super-GAU sind allerdings Radikaldiäten mit einem starken Kaloriendefizit. Nehmen wir zu wenig Kalorien auf, sinkt der Estrogenspiegel. Unregelmäßigkeiten in der Menstruation bzw. das Ausbleiben der Periode sind die Folge. Daher sollten wir Fastenmethoden sorgfältig planen und durchführen. Eine nährstoffreiche Vitalkost und ein stressfreier Lebensstil sind Voraussetzungen, um als Frau die Vorteile des Intervallfastens zu nutzen. Dadurch stellen wir sicher, dass wir die hormonelle Balance nicht gefährden.
Intervallfasten richtig anwenden
Keine Sorge – auch als Frau wirst du in den Genuss der Vorzüge vom Intervallfasten kommen – solange du es korrekt durchführst. Vermeide eine drastische Reduktion der Kalorienzufuhr. Das würde deinen Körper extrem stressen. Flexible Fastenmethoden wie das 16:8-Modell (16 Stunden Fasten, 8 Stunden Essensfenster) lassen sich super in den Alltag integrieren. Unser Hormonhaushalt wird dabei nicht negativ beeinflusst. Achte in den Essensperioden auf eine ausreichende und ausgewogene Nährstoffzufuhr. Übrigens: Ich (als Frau) faste bereits seit vielen Jahren. Für mich war es der absolute Gamechanger in vielerlei Hinsicht.
Radikaldiäten: Unterschätzte Gefahr für den Körper
Wie bereits angedeutet, sind Radikaldiäten viel gefährlicher als Intervallfasten. Sie versetzen unseren Körper in den „Survival-Modus“, indem sie durch das extreme Energiedefizit eine Hungersnot vortäuschen. Die Folge: Unser Körper schüttet massiv Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin aus. Ein chronisch erhöhter Cortisolspiegel wird irgendwann zu gesundheitlichen Problemen führen – sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Intervallfasten hingegen ist keine Radikaldiät. Dementsprechend sind die physiologischen Situationen nicht gleichzusetzen.
Intervallfasten für ein gesundes Gewicht?
Ein weiterer Vorteil des Intervallfastens ist das Erreichen eines gesunden Gewichtes. Dabei wird es oft als „beste Diätform zum schnellen Fettverlust“ angepriesen. Diese Aussage ist allerdings sehr überspitzt. Natürlich können wir durch intermittierendes Fasten einige Kilos verlieren. Intervallfasten unterstützt aber nicht nur den Körperfettabbau. Du kannst es auch sehr gut zum Muskelaufbau nutzen. Achte auf eine ausreichende Kalorienzufuhr in den Essensfenstern, um deinen täglichen Bedarf zu decken.
Während der Nahrungskarenz kann der Körper sich regenerieren und heilen, da er seine Energie nicht für die Verdauung aufwenden muss. Diesen Vorgang nennen wir Autophagie. Dabei handelt es sich quasi um unsere interne Müllabfuhr.
Fazit: Ist Intervallfasten für Frauen gefährlich oder gesund?
- Die Aussage, dass Intervallfasten für Frauen gefährlich sei, basiert auf Missverständnissen und tierexperimentellen Studien. Die Ergebnisse sind nicht 1:1 auf den Menschen übertragbar.
- Solange du intermittierendes Fasten korrekt durchführst, wirst du auch als Frau davon profitieren.
- Zahlreiche Humanstudien belegen die gesundheitlichen Vorteile des Intervallfastens – auch für uns Frauen. Die eigentliche Gefahr sind radikale Diäten mit einem starken Kaloriendefizit.
- Der weibliche Hormonhaushalt ist empfindlicher. Höre auf deinen Körper und passe die Fastenzeiten individuell an.
- Intervallfasten ist eine gesunde und nachhaltige Methode, um dein Wohlbefinden zu steigern und deine Gesundheit zu fördern. Hole dir ggf. ärztlichen Rat ein, bevor du mit dem Fasten beginnst.
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Autorin: Fanny Patzschke
Apothekerin, staatlich geprüfte Ernährungsberaterin, lizenzierte Fitnesstrainerin, zertifizierte Yogalehrerin, Vegan Raw Chef
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Danke für diese fundierte Aufklärung. Ich mache Fasten schon lange und mir tut es immer sehr gut. Aber diese ganzen Aussagen haben mich sehr verunsichert. Gut, dass Sie mein Körpergefühl bestätigt haben.
Es ist ganz wichtig, dass wir immer auf unseren Körper hören. Er ist unser bester Freund. Freut mich, dass ich Ihnen helfen konnte.
Liebe Grüße
Fanny